Zeitfresser vs Silberling
„Some hours later Cooper took the packet of ash from his pocket, where earlier in the evening he had put it for greater security, and threw it angrily at a man who had given him great offence. It bounced, burst, off the wall on to the floor, where at once it became the object of much dribbling, passing, trapping, shooting, punching, heading and even some recognition from the gentleman's code. By closing time the body, mind and soul of Murphy were freely distributed over the floor of the saloon; and before another dayspring greyened the earth had been swept away with the sand, the beer, the butts, the glass, the matches, the spits, the vomit.“
Murphy, Beckett
Der Erzählung nach wurde der Maler und Bildhauer Antonius Höckelmann 1981 vom Betreiber der „Kronenbraustuben“ im Kölner Eigelsteinviertel gefragt, ob er seine Kneipe nicht im Tausch gegen Freigetränke dekorieren wolle.
Höckelmann, der 1970 zurück ins Rheinland gekehrt war, nachdem er beinahe zehn Jahre lang in Berlin zunächst als Student und dann als Künstler und Postangestellter gelebt und gearbeitet hatte, willigte in das Geschäft ein und begann eine fast sieben Jahre dauernde Arbeit, während der er im laufenden Barbetrieb ein stetig wachsendes Geflecht aus Aluminiumfolieskulpturen, (vor-)gefundenen Objekten sowie (Wand-)Malereien unter der Decke und den oberen Wänden der Kneipe spann.
Biester und Fratzen tauchten auf, Tiere und Fantasiewesen, antike Figuren, Szenen zwischen Begierde und Aggression, genauso wie Girlanden, Hüte, Nester oder Stammgäste, (die vornehmlich aus Arbeitern, Prostituierten und Zugezogenen bestanden), wie das Portrait „Elfi, die Fiese“(Verbleib unbekannt).
Über die Zeit wurde die Aluminiumfolie durch das Nikotin der vielen unter ihr gerauchten Zigaretten gülden, und an einigen Stellen scheint es, als hätte Höckelmann diesen Effekt derart geschätzt, dass er mit goldener Sprühfarbe nachgeholfen hat.
Als die Kneipe 1987 schließen musste, demontierte er seine Installation und verstaute (stopfte) sie in schwarzen Plastiksäcken.
Seinem Sohn Sebastian ist es zu verdanken, dass diese Fragmente erhalten geblieben sind, etwas verwest, aber lebensfähig.
Mäuse und Feuchtigkeit konnten ihnen wenig anhaben, es waren vor allem die berührenden Blicke und der wärmende, vergoldende Rauch der Kneipengäste, die den Gebilden abhanden gekommen waren, und damit eine überzeitliche Bewegung, die unablässig von den antiken Mythen über das biographische Gedächtnis und Unbewusste durch die Körper der Beteiligten im unmittelbaren Geschehen der Barnächte hin und her verlief, und wie ein Botengang die Subjekte durch die Bahnen leitender, gilbender Alufolie verband, informierte, anreicherte und austauschte.
Es ist folglich einer der Anlässe dieser Ausstellung die alten Untoten in eine neue Gemeinschaft aus Objekten, Körpern, Gedanken und Gesten einzuspeisen.
Nicht aber um etwas Vergangenem zu gedenken oder es zu rekonstruieren, auch wenn es das vielleicht verdient hätte, sondern um eben jene zugleich erinnernde und erneuernde Zirkulation auszulösen, die weder Lebende noch Tote, Subjekt oder Objekt, Gestern oder Heute kennt, der sich Höckelmann so furchtlos aussetzte, und dank der er sich unter diejenige Lebende mischen kann, die auch mit ihr arbeiten.
Sebastian Wiegand
Installation view
Antonius Höckelmann, Kronenbraustuben, 1981-87
Antonius Höckelmann, Kronenbraustuben, 1981-87
Antonius Höckelmann, Kronenbraustuben, 1981-87
Installation view
Installation view
Installation view
Installation view
Michaela Eichwald, VOID, 2020
Michaela Eichwald, VOID, 2020
Antonius Höckelmann, untitled, 1978
Antonius Höckelmann, Kronenbraustuben, 1981-87
Antonius Höckelmann, Kronenbraustuben, 1981-87
Installation view
Max Brand, untitled, 2023
Max Brand, untitled, 2023
Michaela Eichwald, untitled, 2023
Installation view
Antonius Höckelmann, Kronenbraustuben, 1981-87
Max Brand, untitled, 2023
Max Brand, untitled, 2023
Antoine Barberon, untitled, 2023
Installation view
Amy Lien & Enzo Camacho, Wings becoming, 2022
Amy Lien & Enzo Camacho, Wings becoming, 2022
Installation view
Installation view
Antonius Höckelmann, Nasenbohrer, 1981
Antonius Höckelmann, Kronenbraustuben, 1981-87
Photos: Nick Ash
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